Hallo ihr Lieben,
ich weiß ja nicht, wie es bei euch ist, aber ich stehe neuen Trends meistens skeptisch gegenüber. In meiner Erinnerung war es erst vor kurzem, als alle Mädchen noch Schlaghosen trugen, am besten mit ausgefranstem Saum hinten weil zu lang. Diese Hosen, die sich bei Regen gerne mal bis zum Knie voll gesogen haben. Dann kamen diese engen Jeans in Mode, und lange habe ich mich geweigert. Heute geht es mir dann wieder andersherum, ich kann mit den weiten Hosenbeinen noch nicht so viel anfangen, jedenfalls die, die auch am Saum sehr weit sind.
Bei Hosen bin ich eigentlich seit Jahren der Skinny Jeans treu geblieben. Ausnahmen bilden lediglich flatterige lange Hosen für den Sommer. Bis dann die La Maison Victor (Ausgabe 5/17) um die Ecke kam, mit ihr eine spannende Hose, die gleich in mehreren Punkten nicht meinen bisherigen Modellen entsprach: Bund auf Taillenhöhe, und dann auch noch in der so genannten Paperbag Optik, welche an eine zusammengeknüllte Papiertüte erinnern soll, die sich dann oben in Falten und auseinander legt. Bisher fand ich diese Art des Hosenbundes immer weniger passend, vor allem für mich konnte ich mir das nicht vorstellen. Aber irgendwas an dieser Hose weckte trotzdem mein Interesse.
Es dauerte dann fast noch ein Jahr, bis ich mich an das Nähen machte, weil mir erst dann der passende Stoff über den Weg gelaufen ist. Ich hatte nicht aktiv danach gesucht, aber als ich bei Sewing by the Sea einen schönen, weich fallenden Stoff in Leinenoptik in den Händen hielt, dachte ich schon an eine Hose. Nicht diese Hose, aber eine Hose. Leider war die Farbe so gar nicht meins, ein sandton, aber keiner, den ich schön fand. Da gibt es ja zig Schattierungen, und diese gefiel mir nicht. Ich habe also Färbemittel gekauft und das Experiment Stoff färben zum ersten Mal gewagt. Gelungen, finde ich, denn herausgekommen ist ein sehr schönes grau, das sich viel besser in meinen Kleiderschrank einfügt. Tja, und irgendwie fanden an dieser Stelle dann Stoff und Schnitt zusammen, trotz meiner Zweifel.
Natürlich konnte ich für meinen Körper nicht einfach den Schnitt abpausen, da waren eine Menge Anpassungen nötig. In der Weite habe ich an der Taille und ab Mitte Oberschenkel eine 40 genäht, dazwischen aber auf 42 erweitert damit alles reinpasst. Längentechnisch gab es ebenfalls zwei Anpassungen, im Schritt habe ich 2cm hinzugegeben damit der Bund auch auf meine Taille trifft, an den Beinen 5cm. Das war gar nicht so leicht, weil die Schnitteile zwar zum einen auf zwei Bögen waren und die Hosenbeine schon getrennt, ich konnte also einfach etwas Platz lassen bevor ich den unteren Teil angehängt habe, aber der Fadenlauf war mit einem etwa 5cm langen Strich eingezeichnet, was es nicht leicht macht, diesen beizubehalten. Was mir sonst gar nicht so immens wichtig ist, finde ich bei Hosen elementar, denn bei einem schiefen Fadenlauf entsteht ein Drehbein, und das mag nun wirklich niemand.
Das Nähen an sich verlief dann relativ problemlos, habe ich ja schon einige Hosen genäht. Trotzdem war von Anfang an der Wurm drin: An einem Vorderteil hatte ich zu viel abgeschnitten, sodass der Reißverschluss im Stehen zwar verdeckt ist, im sitzen aber ziemlich sichtbar. Damit kann ich noch leben.
Viel nerviger finde ich, dass ich die Gürtelschlaufen mit der falschen Seite nach außen zeigend angenäht habe. Als es mir auffiel, war die obere Seite der Schlaufen schon fest, mit dem komplizierten Bund, und ich hatte wirklich keine Lust, alles nochmal aufzutrennen. Also Augen zu und durch. Als dann alles fertig war, erste wirkliche Anprobe (ich hatte zuvor einmal mit langem Stich zusammengenäht und geschaut) und vor allem erste Sitzprobe. Tja, da hatte ich mir wohl eine Stehhose genäht. Sehr traurig.
Ich brauchte ein paar Tage um diese Enttäuschung zu verdauen, denn wider Erwarten fand ich die Optik der Hose gar nicht so schlecht. Dann habe ich fluchend den Bund vorne bis zu den Gürtelschleifen wieder abgetrennt, die Falten in den Vorderteilen aufgetrennt und nur noch halb so tief zusammengenäht. Kleiner Wutanfall, als ich feststellen durfte, dass ich nicht weiter als bis zu diesem Punkt gedacht hatte und nun leider die Falten des Bundes nicht mehr zu denen im Vorderteil passten. Also auch den Bund nochmal etwas aufgetrennt und die Falten neu gelegt, damit sie zu den Vorderteilen passen. Damit war er logischerweise auch etwas zu kurz, also habe ich ganz simpel einfach etwas Stoff angesetzt. Da ist nun also eine zusätzliche Naht, die da nicht hingehört, aber das fällt kaum auf zwischen all den Falten, den falschen Gürtelschlaufen und dem fehlenden Knopf. Denn eigentlich sollte es noch einen Knopf geben, da oben im Bund. Da der Gürtel aber alles an Ort und Stelle hält, habe ich mir das gespart.
Eigentlich verarbeite ich Rock- und Hosenbünde ja gerne so, dass ich den inneren Bund nochmal umschlage und damit die Nahtzugabe verdecke. Das war in diesem Fall nicht möglich, weil der komplette Bund in die Falten gelegt wird, nicht nur der äußere. Um all die negativen Schwingungen der Fehler wieder auszugleichen, habe ich also die Nahtzugabe mit Schrägband eingefasst. Welches ich dann bei meiner finalen Rettungsaktion natürlich auch wieder auftrennen durfte. Und verlängern. Was habe ich mich geärgert über meine ach so tolle Idee!
Zum Glück hat sich die Mühe gelohnt, denn nun passt die Hose und erlaubt es mir auch, mich hinzusetzen. Das bequemste Teil ist sie natürlich trotzdem nicht, ein unbeweglicher Bund ist einfach nicht der Knaller, wenn man auch nur das kleinste bisschen Bauch hat, welcher im Sitzen nunmal der Natur halber ein wenig zusammengedrückt und damit größer wird und damit gegen den Bund drückt. Aber ich kann darin sitzen, essen und mich bewegen.
Ein bisschen skeptisch bin ich ja noch über die Rückansicht. Das ist schon ein ziemlich großes Hinterteil, wenn ich das mal so sagen darf. Vielleicht wären Taschen eine Option, oder aber ein bisschen Gehirnwäsche, weil ich einfach eine ganz andere Optik gewöhnt bin? Was meint ihr?
Alles in allem habe ich aber, trotz vieler Hürden, eine tragbare und bequeme Hose genäht, bei der ich mir nicht sicher war, ob ich sie überhaupt mögen würde. Experiment geglückt, würde ich mal sagen, und darüber bin ich ziemlich froh!
Damit auf zum
Me Made Mittwoch :)
Happy sewing,
Julia
♥
Die Hose steht dir ausgezeichnet und danke auch noch einmal für den "Test". Vermutlich ist ein Stoff mit leichtem Elastananteil notwendig, aber mich freut, dass du aus "meinem" Stoff noch so viel herausholen konntest. Auf die Idee, ihn zu färben, wäre ich nie gekommen. LG Carola
AntwortenLöschenJa, Elastan wäre auf jeden Fall hilfreich. Nachher ist man immer schlauer. Mir war gar nicht bewusst, dass es dein Stoff ist, wie cool! :)
LöschenDanke für Deinen inspirierenden Blog-Beitrag. Ich weiß auch nicht, was ich von dieser Art Hose halten soll - aber Dein Beispiel zeigt wieder, wie schön sie sein kann. Sie steht Dir total gut, voll am Puls der Zeit :-) Und zur Rückenansicht: 1. Sieht gut aus. 2. Das gehört so :-) Ich glaube sogar, dass diese Art von Hose mit Tasche hinten seltsam aussähe und wohl auch sich anders "zusammenfalten" würde. Sei stolz auf Deine sehr schöne Hose samt Ihrer Rückenansicht!! LG, Karin
AntwortenLöschenLiebe Karin, danke für deinen Kommentar, das bekräftigt mich ja sehr :)
LöschenMir gefällts gut, auch von hinten. Ich glaube Taschen würden nicht passen. Mach noch eine aus einem Stoff mit Elasthan, dann ist sie auch bequem. Viel Spaß beim Tragen wünscht
AntwortenLöschenAndrea
Eine gute Idee, vielen Dank!
LöschenEine interessante hose, ich finde sie sowohl von hinten als auch auch von vorne für dich tragbar. Aber bequem muss sie natürlich sein. Diese art von bund, das würde genauso für einen Rock gelten, gefällt mir jedoch weniger, aber das ist sicher Geschmackssache. Da kommt soviel stoff zusammen und das macht für mich die silhouette kaputt. LG anja
AntwortenLöschenLiebe Anja,
Löschenvielen Dank für deinen Kommentar. Ja, das ist wohl eindeutig Geschmackssache :)
Das war ja ein richtiger Nähkrimi, toll , daß Du durchgehalten hast! Ich finde die Silhouette der Hose an Dir sehr schön. Dieser gefaltete Bund ist in der Tat etwas gewöhnungsbedürftig, aber Deine Version gefällt mir schon besser als die im Heft, da fand ich die Hose ganz unmöglich.Aber schade, daß sie nicht so bequem ist, wie sie aussieht. Kann es sein, daß sie an den Oberschenkeln etwas zu spack sitzt? Hosen aus nicht dehbaren Stoffen brauchen am Oberschenkel etwas mehr Raum zum HInsetzen (weiß ich aus eigener leidvoller Erfahrung!). Jedenfalls ein interessantes Stück, danke fürs Zeigen!
AntwortenLöschenLG Barbara
An den Oberschenkeln zieht es tatsächlich im sitzen nicht. Kann natürlich sein, dass mit etwas mehr Stoff dort sich das ganze auch anders verteilen würde ... Beim nächsten Mal würde ich definitiv eine Nummer größer nähen oder Stoff mit Elasthan nehmen.
LöschenDanke für deine lieben Worte!
Respekt, dass du durchgehalten hast! Die Farbe ist schön, die Ansicht von vorne und hinten(!) auch, also alles richtig gemacht :)
AntwortenLöschenLG Friedalene
Danke dir !: )
LöschenEine ganz tolle Hose steht dir ausgezeichnet aber ich kann gut verstehen dass man sich an so neue Dinge die man sonst nicht trägt erst gewöhnen muss das geht mir auch mit manchen Sachen so vor allem wenn es eine Hose ist wo man das Oberteil reinstecken muss da fehlen mir einfach auch noch passende Oberteile für solche Kleidungsstücke... trotzdem Daumen hoch! Lg Sarah
AntwortenLöschenJa, an Oberteilen mangelt es auch hier. Aber so eine Hose ist auch nicht was für jeden Tag, also ist das nicht so schlimm mit den fehlenden Kombinationen ;)
LöschenWow! Ich hätte mit der Hose nicht so viel Geduld gehabt und sie schon lange entsorgt. Aber das Ergebnis finde ich toll! Ich bin von Schlaghosen zu Skinnys wieder zurück zu den Schlaghosen gewandert, aber vielleicht sollte ich so einer Paperbag-Waist-Hose mal eine Chance geben?
AntwortenLöschenLG
Martina
Hallo Martina,
Löschenalso damit ich wirklich aufgebe, muss etwas definitiv unrettbar sein :D Schwer zu nähen war sie nicht, also kann ich nur empfehlen, es mal auszuprobieren wenn es dich reizt :)
LG
Experiment voll und ganz geglückt! Wie gut, dass du nicht aufgegeben hast, die Hose sieht nämlich klasse aus! Da ist auch gar kein großes Hinterteil zu sehen, Taschen würden die Optik eher kaputt machen. Bei deinem tollen Beispiel bin ich ja fast schon versucht es noch mal mit einer Paperbag Waist zu versuchen. Hatte mir schon mal einen Rock damit genäht, fand es aber schwer ihn zu kombinieren.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Julia
http://sewionista.com/
Hey Julia,
Löschendanke für deinen Kommentar. Ich glaube, es ist wirklich die ungewohnt hohe Taille, die für mich die Rückansicht irritierend macht.
Liebe Grüße!
Liebe Julia, ich finde die Hose ganz großartig an dir. Respekt, dass du dich durchgebissen und nochmal aufgetrennt hast. Das Gefühl, dass eine solche Hose nicht so schmeichelt liegt meiner Meinung nach an der ungewohnten Siluette. Wir haben nun einfach einige Jahre ganz andere Hosenschnitte getragen. Ich finde aber, dass die Hose bei dir eine tolle Figur macht und ganz wunderbar die Taille betont.
AntwortenLöschenVielen lieben Dank für die Bestätigung. Man ist ja wirklich ein bisschen stark beeinflusst von dem, was man um sich herum so sieht, und da ist das wirklich ein ungewohntes Bild.
LöschenWitzig, wie unterschiedlich man etwas sehen kann! Ich habe noch gedacht, die Hose macht aber einen guten Po. :)
AntwortenLöschenSo ein Schnitt steht auch auf meiner Liste und ich wette, ich werde auch erstmal mit dem Aussehen an mir hadern.
Liebe Grüße
Kristina
Liebe Kristina,
Löschenda hast du vollkommen recht! Aber das Kompliment nehme ich trotzdem sehr gerne an :) Ich bin gespannt, wie du mit so einer Hose zurecht kommst!
Finde ich sehr bewundernswert so viel Arbeit für eine nicht ganz sicher super Hose... Ich finde sie total chic, elegant mit gewissem Extra.
AntwortenLöschenIch bin auch jemand der Trends gerne mal über springt, ich habe erst vor 3 Jahren zu den Skinny Jeans gewechselt... Aber die Paperbag-Waist gefiel mir gleich. Passt nur irgendwie nicht zu meinem Körpergefühl, die Bluse reinzustecken. Aber vielleicht ist auch das nur psychologisch...
Verrückt, wie man so gewisse Bremsen im Kopf hat, oder?
LöschenAlso ich bin dringend für die Gehirnwäsche :-) Die Hose sieht richtig toll aus und steht Dir super. Wo Du eine gewöhnungsbedürftige Rückansicht hast... keine Ahnung. Da muss keine Tasche oder so, perfekt. Ich finde die Hose wirkt durch den Bund und durch die gleichzeitig grade Beine unheimlich edel und schick. Also aus meiner Sicht hat sich die ganze Mühe und Auftrennquälerei gelohnt :-)
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Brigitte
Liebe Brigitte,
Löschendanke für deine liebe Antwort, das beruhigt mich ja ungemein :)
Also die Sache mit der Gehirnwäsche hast du nun schon hinter dir. Echt! Aber ich kann dich verstehen, weil mir solche Gedanken vertraut sind. Hm. Taschen sind bei dieser Art Hosen nicht angebracht finde ich. Die Hose ist trotz aller Schwierigkeiten, die du super gemeistert hast, sehr gelungen. Ich will sie mir auch noch nähen und bin da für deine Informationen sehr dankbar. Wenn ich die Hose nähe, werde ich bei dir wieder vorbeischauen. Also vorher natürlich, weil ich wissen will, was du wieder Schönes genäht hast.
AntwortenLöschenLiebe Grüße Epilele
Liebe Epilele,
Löschendanke für deinen Kommentar! Ich bin sehr gespannt, wie dir dann dein Exemplar gefällt :)
Die Hose ist toll geworden! Und Dein Popo sieht wunderbar darin aus! ;-)
AntwortenLöschenDie Hose sieht super aus - sowohl von vorn, als auch von hinten. Respekt auch für die viele Korrekturarbeit - ich hätte wahrscheinlich alles hingeschmissen.
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