Es gibt ja viele Menschen im kreativen Bereich, die ein richtiges Lager an Material besitzen. Schaut euch nur mal den Trailer von diesem Podcast an. Ob nun Stoff, Wolle oder Bastelmaterialien, fängt man erstmal an in diese bunte, vielseitige Welt einzutauchen sammelt sich schnell einiges an. Nach und nach kennt man Websites und ist über soziale Medien mit unzähligen Herstellern verbunden, gerät durch Rabattaktionen, Kombinationspreise oder Gewinnspiele in große Versuchung mehr zu kaufen, als man benötigt.
Mir geht das seltsamerweise nicht so. Eher im Gegenteil, Wolle oder Stoff, der lange liegt, setzt mich unter Druck. Ich habe beinahe ein schlechtes Gewissen, dass ich da nichts schönes draus mache und es nur herumliegt. Und natürlich hat das Vorteile, weil ich weniger Geld ausgebe und weniger Platz brauche - den ich aber auch nicht habe. Sollte sich mal der Traum von einer Nähecke erfüllen, die größer als zwei Quadratmeter ist, verändert sich mein Konsumverhalten in dem Bereich bestimmt.
Andersherum ärgere ich mich aber auch manchmal, dass ich so wenig Material im Haus habe. Wenn da eine Anleitung ist, für die ich gerne schonmal eine Maschenprobe stricken würde. Wenn Geschenkesocken anstehen, und ich nun entweder öde Wolle aus der Stadt hole oder für ein einziges Knäul - weil viel mehr mag ich nicht - Versandkosten bezahle und dann darauf warte. Oder wenn für ein Nähwerk Bündchen benötigt wird, ich aber nur einen Rest in einer falschen Farbe besitze. Spontanes Handwerken ist hier also schonmal nicht möglich, das braucht immer alles Vorlaufzeit und Planung. Nun gut, ich glaube, das sind auch zwei Charakterzüge, die mich ausmachen.
Ich könnte euch ja mal fotografieren, was ich wirklich hier herumfliegen habe an Material, wenn ihr Interesse habt. Zum Großteil sind das Reste, und damit kommen wir zum Punkt: Auch Reste halte ich nur schlecht aus. Ich habe meine Behältnisse dafür - ein Weckglas für Sockenwollreste, eine Kiste für Stoffreste, eine Schale für alle anderen Wollreste - und wenn diese sich füllen und kein Platz mehr ist, dann kriege ich einen Rappel. Dann möchte ich diese Dinge sinnvoll verwerten, oder verschenken oder sonst sowas.
Tja, und weil man aus so kleinen Resten nunmal nicht viel sinnvolles in Erwachsenengröße schaffen kann, vor allem wenn man eher Liebhaber von unbunt ist und keinen Pullover aus den gesammelten Sockenwollresten der letzten Jahre möchte, dann entsteht ein wachsender Stapel Babykleidung. Hups. Die sind aber auch niedlich, schnell fertig und eignen sich super, um mal etwas neues auszuprobieren.
So wie diese Jacke hier. Das Buch "A knitters Handy Book of Top Down Sweaters" von Ann Budd ist ein tolles Grundlagenwerk für gestrickte Pullover und Jacken. Es gibt unterschiedliche Varianten, Ärmelmöglichkeiten abseits von Raglan und verschiedene Ausschnitte. Das alles läuft nach einem Baukastensystem ab: Wähle zuerst das Grundmodell. Dann die Maschenprobe, die deinem Garn entspricht, und dann die Größe. Und dann folgt man nur noch Tabellen, Stück für Stück entsteht so ein Pullover. Um das Prinzip auszuprobieren habe ich einen Cardigan in der kleinsten Größe gestrickt, die mir aber doch recht groß erscheint. Ich schätze, ein einjähriges Kind passt da auch noch rein. Aber so weiß ich, dass ich mir am besten die komplette Anleitung durchlese und sortiert notiere. Hier hatte ich nämlich dass Problem, dass ich immer schon Tabelle für Tabelle vorgegangen bin. Irgendwann kam aber dann so eine "Währenddessen"-Tabelle. Tja. Dafür war es zu spät, deshalb sind die Vorderteile nun etwas schmaler als sie sein sollten, was nicht weiter schlimm ist, aber ich habe daraus gelernt.
Das oben gezeigte Set besteht aus einem Puerperium Cardigan, der an der Seite geknöpft wird - mal was anderes, sieht sehr niedlich aus finde ich - und einer Babymütze. Für den Cardigan habe ich sogar passende Knöpfe in meiner Knopfkiste gefunden, da schlägt das Reste-Verbraucher-Herz doch gleich höher. Und um die Mütze fertig zu stellen konnte ich einen weiteren, blauen Rest kombinieren, juhu! Die Mütze wird eigentlich einfarbig gestrickt und mit einem breiten gestrickten Band unten abgeschlossen, dass dann unter dem Kinn geknöpft wird. Mal abgesehen davon, dass ich das nicht ganz so schön fand hätte auch das Garn nicht gereicht, also habe ich einen Icord angestrickt.
Achso, was Gegenargumente zu meinem Geschwafel hier angeht: Ob das Restgarn nun als Garn oder als fertiges Stück rumliegt und nicht benutzt wird und Platz wegnimmt macht eigentlich gar keinen so großen Unterschied. Denkste! Für mich schon. Denn irgendwann wird es benutzt werden, und dann bin ich bestimmt froh, schon ein paar Dinge zu haben. Und außerdem liegen nicht diese Knäule im Regal und schreien mich an, dass sie endlich benutzt werden wollen.
Wie haltet ihr es mit Resten? Wie sieht euer Stash so aus? Wenn ihr mehr zu den Projekten und deren Anleitung erfahren wollt, schaut doch mal auf meiner Ravelry-Seite vorbei.
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