Auf diesem Blog ist es von mir ja schon das ein oder andere Mal beschrieben worden: Der nervigste Schritt in der Vorbereitung eines Beitrags ist für mich das Fotografieren. Dank Schichtdienst bin ich meistens auf Stativ und Fernauslöser angewiesen und kann mir nicht einfach den Herzmann schnappen. Meistens mache ich daher die Bilder im Garten, denn auf offener Straße stelle ich mich definitiv nicht alleine mit der Ausrüstung hin, da fehlt ein großer Klumpen Selbstbewusstsein für. Immer der selbe Hintergrund ist aber auch langweilig, und da mein Garten von Bäumen und Häusern umgeben ist, ist der Lichteinfall nicht der Beste. Noch dazu gibt es zig Fenster und Balkone mit potentiellen Beobachtern, also fühle ich mich da auch unwohl. Deshalb habe ich mir spontan gestern morgen die Kamera geschnappt und bin in das Waldstück gegangen, das nur eine Minute von unserer Wohnung entfernt ist. Noch dazu handelt es sich um ein Wäldchen mit Ende - man kann irgendwann nicht mehr weitergehen, was dazu führt, dass dort niemand ist. Und die Fotos sind viel besser geworden, finde ich!
Und ich habe ein anderes Format für die Bilder gewählt. Optisch auf dem Blog finde ich die vertikal orientierten schöner, aber auf diesen längs-Bildern könnt ihr einfach mehr sehen von mir und dem Kleidungsstück, und darum geht es ja irgendwie vorsätzlich.
So, nun aber genug der Laberei um die Bilder und ein bisschen mehr Information zum Inhalt: Ich trage hier mein neuestes Kleid, eine Bettine von Tilly and the Buttons mit einer Menge Veränderungen.
Ganz kurz zusammengefasst: Ich habe den Rock ausgestellt, das Oberteil verlängert, die Ärmel weggenommen, statt einer Blende ein kleines Futter eingenäht. Was genau wie konstruiert wurde und wie zufrieden ich damit bin erfahrt ihr im Laufe des Beitrags noch. Zuerst einmal zum Stoff: Musselin ist aktuell allgegenwärtig, wer hätte gedacht, dass Spucktücher plötzlich der Trend schlechthin werden. Natürlich hat mich diese Präsenz sehr neugierig gemacht, und als ich dann bei Stoffe.de eigentlich nur Knöpfe kaufe wollte, ist (unter anderem) auch Musselin in zwei Ausführungen in meinen Einkaufskorb gewandert. Dieser hier wird mit Jeansblau bezeichnet, die Farbe gefällt mir schonmal sowohl so als auch an mir sehr.
Ich habe dann den Stoff artig gewaschen und nicht gebügelt, wie es empfohlen wird. Stattdessen halbwegs ordentlich hingelegt und die entsprechenden Schnittteile ausgeschnitten. Beim Nähen dann die erste Frage: Darf ich jetzt die Nahtzugaben bügeln? Kurze ergebnislose Recherche und meine Disziplin hatte beschlossen, dass ich ohne sowieso nicht auskomme. Seitennähte nicht in eine bestimte Richtung zu bügeln macht es mir unmöglich, weiterzuarbeiten. Also habe ich ganz normal Nähte gebügelt. So stark geglättet hat der Stoff sich auch gar nicht.
Da ich ein Kleid ohne Ärmel wollte, für den Sommer eben, stellte sich recht schnell die Frage, wie ich Armlöcher und Halsausschnitt versäubere. Schrägband aus dem Musselin stellte ich mir sehr dick und wulstig vor, das war also raus. Mit Schrägband verstürzen aus ähnlichem Grund. Also lieber ein Beleg, der Hals- und Armausschnitt einfasst. Weil ich auch hier die doppelte Lage Musselin vermeiden wollte (davon abgesehen hätte ich auch nicht genug Stoff dafür gehabt) habe ich aus meiner kleinen Stoffkiste ein altes Tuch meiner Großmutter hervorgesucht, das farblich ziemlich gut passt.
Darauf habe ich dann meine konstruierten Vorder- und Rückenschnittteile aufgelegt und bis knapp unter dem Armausschnitt zugeschnitten. Tada! Leider, ihr könnt es auf dem nächsten Bild sehen, ist der Musselin durch seine Struktur deutlich dehnbarer als das (Seiden?)Tuch, weshalb dieses sich manchmal hervormogelt. Das stört mich bei diesem eher sportlich bequemen Kleid nicht so sehr, muss ich mir aber für weitere Versuche mit Musselin merken. Vielleicht nutzt man hier besser leicht dehnbare Stoffe.
Um ein richtig schön locker sitzendes Kleid zu erhalten, habe ich für diese Verson das Oberteil um 3cm verlängert. Ich wollte so ein bisschen Stoff auf der Taille sitzen haben. Leider hatte ich mein Hohlkreuz ein bisschen vergessen ... hinten sah es unmöglich aus. Und dann habe ich ein paar unüberlegte Dinge gemacht, die ich im Nachhinein nicht mehr beschreiben kann. Sie resultierten jedenfalls darin, dass ich nun einen etwas schiefen Rock habe, da ich am Rockteil im oberen Bereich ebenfalls etwas Stoff wegnehmen musste, weil: Löcher dank Nahttrenner. Aber reden wir nicht davon, denn erstaunlicherweise versteckt sich dieser Makel ganz gut im strukturierten Stoff. Puh!
Der Schnitt enthält eigentlich keine seperaten Ärmelschnittteile, die man einfach weglassen kann; das Oberteil wird direkt mit Ärmel dran zugeschnitten. Weil die Lust auf Experimente eher gering war, habe ich den angepassten Sorbetto-Schnitt hervorgekramt und an die Vordere/Hintere Mitte des Oberteils von Bettine angelegt und so den Armausschnitt erstellt. Das hat wirklich gut geklappt, ich bin da sehr zufrieden mit, und der Halsausschnitt, den ich bei der Bettine so gerne mag, ist geblieben.
Auch die Taschen haben übrigens das Tuch-Futter erhalten und tragen dadurch weniger auf. Der Rock wurde ebenfalls nicht von Änderungen verschont. Eigentlich ist er Tulpenförmig, wird also nach unten hin ein wenig enger. Das fand ich für mein luftiges, in der Meeresbrise flatterndes Sommerkleid unpassend, also habe ich die Seitennähte des Rockes begradigt.
Sowohl im Urlaub als auch hier in Deutschland hatte ich das Kleid jetzt schon an. Der Schnitt gefällt mir sehr gut, ist bequem, macht dank Taillierung aber trotzdem eine gute Figur und sieht nicht ganz so schluderig aus. Die Taschen sind der Knaller, so schön groß und optisch auch schön. Ich kann mir gut vorstellen, diese veränderte Version häufiger zu nähen, denn es geht eigentlich auch recht schnell dank Gummizug und wenigen Nähten.
Mit Musselin als Bekleidungsstoff bin ich mir aber noch nicht ganz grün geworden. Ich mag das Gefühl auf der Haut und finde es super angenehm zu tragen. Trotzdem gibt es da ein paar Eigenschaften, die ich weniger optimal finde.
Zum einen glättet sich die luftige Struktur bei Belastung. Das meint zum einen Bügeln, was sich ohne Probleme vermeiden lässt. Sitzen dagegen, oder einfach nur Bewegen, eher weniger. Im Detail will das heißen, dass der Stoff nach einem Tag rund um den Po deutlich flacher und mit weniger Struktur ausgestattet ist. Ebenso habe ich das Gefühl, dass das Oberteil sich im Brust- und Schulterbereich minimal weitet, einfach weil durch ein wenig Spannung bei Bewegungen die Struktur "auseinandergezogen" wird und nicht wieder zurückploppt. Versteht ihr, was ich meine? Das ist alles nicht schlimm, aber ich würde den Stoff wohlüberlegt einsetzen. Ein lockeres Shirt zum Beispiel, oder einen weiten Rock mit vielen Falten, bei denen plattgesessene Stellen nicht so auffallen.
Ich habe auch noch ein Top aus Musselin genäht, ich hoffe dort mit Vergleichsbildern deutlich machen zu können, was ich meine.
Mh, jetzt habe ich ein bisschen negativ angehaucht geendet, das wollte ich gar nicht. Mein Kleid mag ich nämlich sehr, und da ich in meinen Grundzügen eher wenig kritisch bin, kann ich mit den kleinen Makeln gut leben. Dafür ist die Farbe wirklich sehr schön, und den sommerlich angepassten Schnitt mag ich auch super gerne.
Habt ihr schon mit Musselin genäht? Was habt ihr daraus hergestellt? Wie seid ihr zufrieden? Ich bin sehr gespannt, was ihr dazu sagt!
Verlinkt mit RUMS
♥