Bei meinem Beitrag zum Jessica Dress hatte ich ja schon von meiner Ambivalenz zu Spaghettiträgern berichtet. Kurze Zusammenfassung für alle, die nicht dabei waren: Ich habe jahrelang Spaghettiträger für mich aus dem Repertoire gestrichen weil ich der Meinung war, dass sie mir nicht stehen und mich darin nicht mochte. Dann hat mich aber ein Schnitt so überzeugt, dass es mir egal war. Das Ergebnis war weniger schlimm als erwartet und gab damit den Startschuss für weitere Experimente.
Deshalb musste ich die neue vielleicht-Liebe sofort in einem Ogden Cami umsetzen. Diesen Schnitt schmachte ich schon seit Jahren auf Instagram an, weil er einfach immer toll aussieht. Aber sowohl V-Ausschnitt als auch die erwähnten dünnen Träger lagen fern meiner Gewohnheiten, sodass es beim Anhimmeln blieb. Bisschen wie Popstar und Teenie, unsere Beziehung.
Aber jetzt konnte ich mir den Schnitt endlich kaufen, große Freude! Es ist im übrigen der erste Schnitt von True Bias, den ich kaufe, davon abgesehen interessieren mich die meisten Schnitte eher nicht dort. Die Lander Pants wären vielleicht nochmal cool, oder die Hudson Pants, aber sonst habe ich das meiste schon in einer ähnlichen Version in meiner kleinen Sammlung oder mag es nicht.
Schnitte von mir bisher nicht bekannten Labels sind ja immer spannend. Wie ist die Anleitung gestaltet, ist alles verständlich usw. In diesem Fall: Eine solide Anleitung mit anschaulichen Grafiken, die eigentlich keine Frage offen lassen. Es gibt zusätzlich zu den Körpermaßen auch noch Fertigmaße, das finde ich eigentlich immer ziemlich gut, da man sich so besser vorstellen kann, wie das fertige Stück sitzt. Sowohl bei engen Sachen (damit es nicht zu eng wird) als auch weiten Schnitten (wer will schon einen Sack) kann jeder so schauen, das es am besten zu den eigenen Vorstellungen passt.
Die erste Version habe ich dann in Größe 12 zugeschnitten, aus einem Stoff vom Tauschtisch am Nähwochenende. Das tolle rot und das dezente Muster hatten mich sofort angesprochen, außerdem fasste das Material sich toll an, es ist Baumwolle, hat aber einen leichten Glanz und ist ganz seidig.
Das Nähen war dann relativ simpel. Das Top wird mit einem Beleg verstürzt, sodass es einen schönen Ausschnitt ohne abgesteppte Naht gibt. Hier muss ein bischen darauf geachtet werden, wo die Mitte des Ausschnitts ist, damit sich das V auch schön mittig legt. Ich habe dort einen Knips gemacht, meine aber, der ist in der Anleitung nicht vorgesehen.
Unten könnt ihr nochmal sehen, wie groß der Beleg ist. So besteht auch keine Gefahr, dass irgendwo was rausrutscht, finde ich ja immer gut. Noch dazu wird der Beleg an der Nahtzugabe der Seitennaht fixiert, sodass wirklich alles bombenfest sitzt. Sehr cool!
Beim Nähen werden die Träger zuerst nur vorne oder hinten, ich weiß nicht welches von beidem, angenäht, an der anderen Seite dann festgesteckt. So kann man das Top anziehen und individuell schauen, wie lang die Träger sein sollen damit beim tiefen Rückenausschnitt der BH nicht zu sehen ist und auch sonst nirgendwo Körperstellen rausschauen, die man nicht zeigen möchte. Finde ich gut, dass dies extra in der Anleitung steht, ich bin ja immer ein Fan davon, nicht zu viel mitdenken zu müssen, zumindest beim ersten Mal.
Das erste Top gefiel mir dann auch sehr gut, trotz V-Ausschnitt und dünnen Trägern. Manchmal ist es halt doch ganz gut, aus seiner Komfortzone auszubrechen und etwas neues zu probieren. Sonst findet man nie heraus, ob es nicht doch genau DAS DING ist.
Version zwei schwebte mir dann ziemlich bald auch vor, nachdem ich den Tragecomfort von Nummer eins zu schätzen gelernt hatte. Der luftig weite Schnitt ist bei heißen Temperaturen wirklich gold wert, fühlt sich ein bisschen an, als würde man nichts tragen. Auf Teneriffa mochte ich das wirklich sehr gerne. Ich weiß gar nicht mehr wie es dazu kam, vermutlich hat mein innerer Drang nach Resteverwertung mal wieder Oberhand gewonnen und schon lag der Spitzenrest von meiner Kurzjacke neben dem Rest Chambray vom Kielo und ich puzzelte mit den Schnittteilen herum.
Abweichend vom eigentlichen Schnitt wollte ich hier das Teil komplett füttern, denn so transparent wie die Spitze ist, wäre alles andere Quatsch gewesen. Ich musste ziemlich schieben und knobeln bis alles passte. Vorder- und Rückenteil im Futter haben eine Mittelnaht, das Oberteil aus Spitze ist deutlich kürzer, aber so passte es dann. Denn natürlich wollte ich die Saumkante der Spitze auch verwenden (und mir das Säumen sparen, hihi).
Das Ergebnis ist genau so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe. Das blau scheint toll durch, alles fällt total weich und es ist verspielt, aber nicht zu niedlich. ich bin richtig, richtig glücklich mit dem Teil und habe verhältnismäßig viele Komplimente dafür bekommen, was ja auch immer eine nette Bestätigung ist.
Für die Träger habe ich übrigens einen kleinen Tip. Die sind ja wirklich schmal, da ist das Wenden eine ganz schöne Fummelei. Es gibt ja extra Wende-Werkzeuge, aber so etwas besitze ich nicht. Ich habe es schon mal auf einem Nähwochenende ausprobiert, kam damit aber eh nicht klar, also lohnt sich die Anschaffung nicht. Viel besser funktioniert für mich eine kleine Sicherheitsnadel. Diese an einem Ende befestigen und dann durchschieben, wenden, fertig! Ich hoffe ihr versteht, was ich meine?
Eigentlich ist das ein toller Schnitt für eine ganze Serienproduktion. Man braucht sehr wenig Stoff, es ist schnell genäht und aus den unterschiedlichsten Materialien sehr vielfältig. Ich finde die Optik vom roten Top ist eine ganz andere also von der Spitzenversion, mag aber beide gerne. Ich gehe davon aus, noch deutlich mehr Versionen dieses Schnittes zu nähen. Vielleicht auch mal ein, zwei mit etwas höherem Ausschnitt, damit sie auch für die Arbeit tauglich sind.
Eine einzige knifflige Stelle gibt es beim Nähen aber schon: Nachdem der Beleg an den Außenstoff genäht ist, wird die Nahtzugabe auf dem Beleg festgesteppt. Man kommt logischerweise nicht hoch bis zu den Trägern, da wird es irgendwann zu eng. Trotzdem sind sowas ja Stellen, die mich herausfordern und ich will möglichst weit nach oben nähen, da fummel ich dann immer länger herum als notwendig, denke ich. Aber das ist vermutlich nicht bei allen von euch so, also definitiv nichts, was abschrecken sollte.
Puh, bei der Bilderflut musste ich ganz schön im Gehirn suchen, bis ich genug Wörter gefunden hatte. Jetzt habe ich glaube ich alles wichtige (und unwichtige) zum Schnitt und meinen beiden Exemplaren erzählt und bin leer.
Welches ist euer liebster Sommerschnitt? Mögt ihr es auch locker und luftig? Habt ihr das Cami schon mal genäht? Brauchtet ihr auch eine Eselsbrücke um euch merken zu können, ob es "Ogden Cami" oder "Odgen Cami" heißt? (Wie im Alphabet, e kommt nach d). Ich bin jedenfalls jetzt überzeugt von Spaghetti-Trägern und freue mich auf die vielen neuen Möglichkeiten, die sich damit ergeben.
Happy sewing,
Julia