2. Dezember 2020

Regenjacke nähen - Dunnerkiel

 Hallo ihr Lieben, 


vier Jahre ist es her, dass ich meine erste Regenjacke nähte (und verkündete, dies nicht wieder zu tun ... so irrt man sich, vergangenes Selbst!). Sie hat mir gute Dienste geleistet, entsprach jetzt aber schon eine ganze Weile so gar nicht mehr meinem Geschmack. Das Gelb zu grell, die Jacke zu eng, einige kleine Schwachpunkte, die halt auftreten, wenn man ein Kleidungsstück zum ersten Mal näht. Und eine Regenjacke nur widerwillig anzuziehen ist sehr unpraktisch. Wie oft ich gehofft habe, dass es trocken bleibt und eine andere Jacke anzog, nur um wenig später zu merken, wie es langsam auf den Schultern durchsoppt ... nicht gut. Da musste eine neue her, die Freude macht und gerne getragen wird!

Schon im Frühjahr habe ich mich also ein wenig umgeschaut, zusammen mit einer Freundin, die ebenfalls eine Regenjacke nähen wollte. Da kam als erstes die Schnittfrage auf. Den Wind und Wetter Parka hatte ich mit fünf Malen endgültig genug genäht und wollte mal etwas anderes ausprobieren. Trotzdem sollte es Parka-Länge behalten, damit beim Radfahren auch der Hintern trocken bleibt, sollte die Regenhose mal nicht dabei sein. Relativ zügig landeten wir beim Dunnerkiel von Rabaukowitsch. Die Optik hat uns beiden zugesagt und der Schnitt war beiderseits schnell gekauft. Besagte Freundin hatte sich schon bei einem vorherigen Besuch bei Stoff und Stil in das rauchblau eines Regenjackenstoffs verliebt, und als sie das nächste Mal da war, bekam ich dann einen Anruf, ob ich nicht auch Stoff mitgebracht haben möchte. Ich habe mich nach einem kurzen Blick auf die Website für das Rot entschieden, ganz so schlicht muss es ja doch nicht sein, und zu meinem Fahrrad passt das Rot perfekt. Dachte ich. Als der Stoff dann hier war, kam erstmal Ernüchterung auf: Eher knallrot als so satt dunkelrot wie online dargestellt. Ich weiß ja, dass rote Töne schwierig einzufangen sind (das habe ich bei den Bildern für diesen Beitrag mal wieder gemerkt), aber so extrem abweichend? Nunja, gekauft ist gekauft, ich legte ihn erstmal zur Seite, weil andere Dingen anstanden. 


Und dann kam der Sommer, mit gewohnt wenig Regen, und wenn doch, war es definitiv zu warm für eine Regenjacke. Das Projekt rutschte also auf der Bedarfs-Liste recht weit nach unten. Erst die ersten Herbstschauer riefen die Erinnerung an das komplett vorhandene Material wach. Anfang November habe ich dann endlich die Zähne zusammengebissen und losgelegt. Ich habe oft Probleme, wenn ich so klare Projekte, die eigentlich schon im Kopf fertig sind, aufschiebe. Da fehlt dann die Motivation ... nun ja, ich habe sie mir zurückgekämpft, und das war es wirklich, ein Kampf. So eine Jacke ist nun mal nicht eben kurz genäht.

Angefangen habe ich damit, den Schnitt zu kleben und auszuschneiden, dann ein Probeteil zu nähen (bestehend aus Vorder- und Rückenteil sowie einem Ärmel). Dabei habe ich ganz verwundert festgestellt, zwar wie üblich die Taille um 3cm nach unten verlegen zu müssen, aber die Ärmel, die passen. Wirklich! Ärmel verlängere ich sonst immer um mindestens 5cm, oft auch mal 8cm, das ist also schon eine ganz verrückte Sache gewesen. Ich habe die Ärmel nicht verlängert, schärfe hiermit aber allen, die den Schnitt nähen wollen, ein, die Armlänge zu checken, normal große Frauen müssen hier sicherlich kürzen. Ansonsten haben meine Maße gut in eine 42 gepasst, und die habe ich dann auch zugeschnitten.

Danach dann der Zuschnitt, auch nicht unbedingt einfach, weil zum einen viele Teile, zum anderen musste für das Futter das ursprüngliche Schnittteil in Beleg und Futterteil zerlegt werden. Schade, denn eigentlich schneide ich immer lieber das Futter zuerst zu. Sollte hier etwas schief gehen oder ich etwas nicht bedacht haben, ist das meistens günstiger als der Außenstoff ... nunja. Zum Glück ist alles gut gegangen und ich konnte ein paar Tage später anfangen.

Das Nähen selbst lief entspannt und sortiert statt, das war zwar meine erste Anleitung aus dem Hause Rabaukowitsch, aber nach ein paar Seiten kam ich gut damit zurecht. Jede*r Designer*in hat ja so seine/ihre Eigenarten, die man erstmal kennenlernen muss, finde ich. Begonnen habe ich mit dem Futter, denn auch hier gilt das Prinzip: Versteht man etwas falsch, ist es einfacher, Teile neu zuzuschneiden oder etwas zu korrigieren. Gerade wenn der Außenstoff so beschaffen ist, dass er lieber nicht aufgetrennt werden sollte!

Die Außenjacke lief dann auch wie geschmiert und als alles verbunden war, war ich schonmal sehr zufrieden. Sah alles so aus, wie ich es mir gewünscht hatte, und saß vor allem auch sehr gut! 


Ein paar Dinge, die ich von der letzten Regenjacke gelernt und deshalb hier umgesetzt habe: Armbündchen, zum Beispiel. Brauche ich sonst in Jacken nicht, weil entweder ist es warm, oder bei Kälte trage ich zügig Handschuhe, da mir sonst auf dem Rad die Finger abfallen. Reinziehen tut es also nicht. Aber: Regen auf Regenbekleidungsstoff kommt zwar nicht durch den Stoff, bleibt aber darauf. Gerade beim Radfahren kriecht so die Nässe nach und nach über die nassen Handrücken den Beleg hinauf in die Jacke hinein, und das ist sehr unangenehm. Deshalb gab es Bündchen, die werden zwar auch nass, halten aber alles ein bisschen auf und an Ort und Stelle. Wie die hinzuzufügen sind, ist in der Anleitung erklärt.


Eine Innentasche habe ich der Jacke auch spendiert. Die nutze ich sonst eigentlich nicht, aber bei Regen habe ich mein Handy mit Kopfhörern dann doch ungerne außen an der Jacke, sondern lieber drinnen im trockenen. Also habe ich diese Tasche gebastelt und bin tatsächlich auch ein bisschen stolz, dass es so geklappt hat, wie ich wollte. 

Ich habe außerdem alle Tunnel ins Innere der Jacke verlegt, den an der Kapuze und den an der Taille. Das sorgt für weniger Nähte außen an der Jacke, und Nähte sind immer die Schwachstellen bei Regenjacken, wo das Wasser hineinkommen kann. Für den Tunnel an der Taille muss ich mir noch eine Lösung überlegen, die Öse liegt recht nah am Reißverschluss, sodass das Band ein wenig im Weg ist beim Schließen der Jacke. Für den Kordelzug in der Kapuze habe ich mir bei Melanie von 500daysofsewing die Lösung mit dem Gummi und Kordelstopper abgeschaut, um bei Regen den ganzen Bums enger machen zu können. Das hätte ich mir allerdings auch ein bisschen sparen können, denn ich bin vernünftig geworden und fahre nun mit Helm. Fantastischerweise passt die Kapuze noch über den Helm, sodass ich trotzdem einen trockenen Kopf und Nacken habe, aber enger gemacht werden muss sie dann natürlich nicht. Und sitzt auch stramm genug, um nicht herunterzurutschen.

Auch wenn ich Nähte schöner finde, die von außen abgesteppt sind, habe ich hier darauf verzichtet, wann immer es möglich war. Ihr wisst schon, Wasser und so. Dafür habe ich Nahtabdichtband aufgebracht: An den Schultern, der Naht im Nacken und im oberen Teil der Kapuze. Das hatte ich noch von der letzten Regenjacke hier, also warum nicht, dachte ich mir. Der Reißverschluss der Jacke ist übrigens ein wasserdichter von Snaply, hatte ich bisher auch noch nicht, scheint aber gut zu funktionieren und passt farblich sehr gut zum Futter der Jacke. 

 
Und zum Schluss noch mein kleines Extra, für das ich mir selbst jetzt schon sehr dankbar bin: Ich habe mir die Mühe gemacht und den Untertritt vom Reißverschluss bestickt. "No rain, no flowers" sagt es, ist eigentlich nur für mich da und erfüllt voll seinen Zweck: Dass ich mich nämlich nicht ärgere über den Regen, sondern meinen Weitblick übe. Und eigentlich passt das auch ganz gut zu mir, ich bin gut darin, auch im Schlechten das Gute zu sehen und positiv zu bleiben. Gerade in diesen aktuell sehr turbulenten Zeiten etwas, das hilft und unterstützt werden will. Ich habe den Spruch mit einem Folienstift vorgeschrieben, in der festen Überzeugung, dass ich den mit Nagellackentferner wieder runterbekomme. Nunja, die Schrift hat jetzt halt einen Schatten. Ebenso der kleine Leder-Patch auf dem Arm, der musste dahin weil irgendwie der Stoff dünn war? Das Licht schien so durch .. jedenfalls habe ich hier einen kleinen Regenschirm aufgenäht, und auch hier ist das Vorgezeichnete noch sichtbar. Damit setze ich mich irgendwann noch auseinander, bis dahin freue ich mich über die neue Jacke, mit deren Rot ich mich jetzt auch gut angefreundet habe. 

Ich verlinke meine Jacke zum Me Made Mittwoch, wo sie in guter Gesellschaft sein sollte.

Happy sewing, 

Julia


4. November 2020

Folksy

Hallo ihr Lieben, 

schön, dass wir uns an diesem Me Made Mittwoch wieder lesen! Wie geht es euch? Bedeutet der aktuelle Lockdown mehr Zeit für die kreativen Hobbies? Bei mir nur minimal, arbeiten muss ich ja trotzdem und pendeln, also fallen nur Verabredungen und das Bouldern weg. Erzählt gerne mal in den den Kommentaren, wie es bei euch aussieht.

 

Heute trage ich neben meiner schon etwas älteren Ginger Jeans einen neuen Pullover. Nach ziemlich langer Zeit habe ich mal wieder ein Kleidungsstück für mich fertig gestrickt. Vor dem Umzug war in der Renovierungsphase keine Gehirnkapazität für ein großes Projekt wie dieses, daher habe ich eher Reste in Babyzeug verstrickt. Aber als wir dann in der neuen Bleibe waren, habe ich direkt diesen Pullover angeschlagen, darauf hatte ich mich schon so lange gefreut!

Die Anleitung Folksy von Melody Hoffmann schlummerte zu dem Zeitpunkt schon länger in meiner Warteliste bei Ravelry mit dem Plan, diesen irgendwann zu stricken. So wie die anderen unzähligen Projekte dort. Tatsächlich kam die Idee aber aus dem Garn heraus auf mich zu, und das führt in diesem Pullover schon sein zweites Leben. Das erste verbrachte es in Form dieses Pullovers, der aber aus mehreren Gründen einfach nicht mehr gefiel: Ich hatte, ohne die Nadelstärke zu verändern, im Laufe des Körpers immer lockerer gestrickt, der Anblick der Maschen am Saum hat mir überhaupt nicht gefallen, ebenso wie die dadurch enstandene A-Form. Auch saß der Halsausschnitt sehr hoch und eng, und das Garn piekste mich in meinen leider sehr empfindlichen Hals. In einem Rettungsversuch hatte ich den Halsausschnitt von oben geöffnet und etwas geribbelt, hatte dadurch aber einfach einen weiten U-Boot Ausschnitt. Es war einfach nicht mehr zu retten, also habe ich den kompletten Pullover geribbelt.

Nach dem Waschen und Trocknen lag das Garn dann also länger in meiner Schublade. Und passte irgendwann so perfekt zu einem Rest Regia Sockenwolle, dass ich wusste, daraus muss etwas werden. Kurzer Blick in die Warteliste und der Kreis schloss sich zum neuen Projekt: Dem Folksy Sweater in grün und beige. Super motiviert hatte ich angeschlagen, habe die Zacken mit Freude gestrickt, die Noppen mit weniger davon, mich aber über die Optik sehr gefreut. Und dann festgestellt, dass ich die untere Zackenreihe falsch gestrickt hatte. Auf den Bildern seht ihr, dass die weiten und engeren Stellen quasi gegenüber liegen, bei meinem ersten Versuch war das versetzt, die Spitze der unteren zeigte in den Hohlraum der oberen, wenn das verständlich ist. Ich habe mich kurz ein wenig geärgert, und dann geribbelt. Und das sollte nicht das letzte Mal sein ...

Zum Glück stricke ich sehr gerne mehrfarbig, eigentlich hat es sogar Spaß gemacht, die Zacken nochmal zu stricken. Danach war es dann auch schon vorbei mit der zweiten Farbe und ging einfarbig weiter. Der Körper strickte sich flott weg, dann ging es los mit den Ärmeln.

Seit ich das Sockenwunder kenne, stricke ich Ärmel ja eigentlich ganz gerne. Ist man erstmal bei den Ärmeln, ist das Projekt nämlich schon über die "halb fertig" Grenze geschritten und die Neugier auf das fertige Projekt ist groß. Ich musste jedoch nach etwa der Hälfte des Ärmels feststellen, dass sich das Garn dort ringeln wollte, also durch seine nicht ganz gleichmäßige Färbung Ringe aus dunkel und hell bildete. Das bei Handfärbungen übliche Stricken mit zwei Knäulen, also jede oder jede zweite das Garn zu wechseln, brachte auch nicht den gewünschten Erfolg. Und so habe ich aus einer dumpfen Erinnerung das Helical Knitting gelernt. Ich versuche, es zu erklären, aber eine kurze Suche in eurer Suchmaschine bring vermutlich verständlichere Videos zu Tage.

Beim Helical Knitting wird auch mit zwei Knäulen gestrickt, aber der Wechsel zwischen den beiden findet nicht immer am Anfang der Runde an, sondern wird jede Runde um drei Maschen versetzt. Ich stricke also mit Knäul 1 bis drei Maschen vor dem Faden von Knäul 2, hebe die drei Maschen ab ohne sie zu stricken und stricke dann mit Knäul 2 weiter, bis 3 Maschen vor Knäul 1, usw. Das braucht etwas Gewöhnung und ein bisschen Aufmerksamkeit, sonst hat man die drei Maschen aus Versehen mit gestrickt. Das merkt man dann aber direkt am Maschenbild bzw an der Fadenspannung, nicht weiter schlimm. Dafür gibt es keinen sichtbaren Übergang, der sich sonst immer wie eine Naht an meinen Ärmeln entlangzog. Und eben auch keine Ringel! Für das Stricken mit zwei verschiedenen Farben und Ringeln soll es wohl auch super sein, da es keinen Versatz gibt. Das habe ich aber noch nicht ausprobiert.

Angefeuert durch die neue Technik wurden die Ärmel dann flott fertig, obwohl ich ja den einen erst wieder halb aufmachen musste. Dann kam der Pullover in sein verdientes Bad und auf die Fußbodenheizung und war fertig. Und ich liebe ihn! Er sitzt hervorragend, die Länge ist perfekt (die bestimme ich durch wiederholtes Anprobieren, Angaben aus der Anleitung ignoriere ich immer). Oh, ein Satz noch zu den Ärmeln: Ich verlängere die immer schon während der Abnahmen um eine Reihe. Wenn ich alle 8 Runden zwei Maschen abnehmen soll, mache ich das alle 9 Runden. Nur am Ende den Ärmel zu verlängern ist nämlich unsinnig, ich habe zwar lange Arme, aber die sind logischerweise auch anders proportioniert und nicht einfach ab Mitte Unterarm so dünn wie mein Handgelenk. Bei Strickpullovern geht das meistens klar, wenn man erst nach den Abnahmen die fehlende Länge hinzufügt, aber für mich macht es so mehr Sinn und ich muss nicht mehr so lange Stücke ohne Abnahmen stricken.

Das herrliche Grün ist übrigens Rowan Fine Art in Hornbeam, die Kontrastfarbe Schachenmayr Regia in Holz. Die Anleitung ist mit einer weiteren Kontrastfarbe geschrieben, ich habe mich aber nur auf diese beiden beschränkt. Auch die Bündchen sind nicht in dem Holz gestrickt, davon hatte ich nicht so viel. Im Nachhinein eine super Entscheidung, ich mag es so minimalistisch, wie es ist. Auch, wenn ich dazu noch einen Strang von dem Rowan nachbestellen musste, den hatte Sophia aber glücklicherweise noch übrig.


 So, nun haben die vielen Worte ihr Ende gefunden. Ich verlinke euch das Projekt noch auf Ravelry, falls ihr mir dort ein Herzchen hinterlassen wollt, und werde dann gleich beim Frühstück mal schauen, was für inspirierende Projekte ich so finden kann beim Me Made Mittwoch. 

Happy knitting, 

Julia


7. Oktober 2020

Latzkleid Cleo und Longsleeve Agnes

 Hallo ihr Lieben, 

schön, dass ihr auch heute wieder hierher gefunden habt. Im Moment fehlt mir wirklich häufig die Zeit, um einen Blogpost zu schreiben. All die Vorbereitungen, das kostet ja ganz schön Zeit, die ich lieber mit Nähen und Stricken verbringe. Aber den Me Made Mittwoch, den möchte ich auf gar keinen Fall verpassen, deshalb habe ich mir diese Woche die Zeit genommen. Verrückt, als damals die Ankündigung kam, dass diese Linkparty nicht mehr wöchentlich, sondern nur noch einmal im Monat stattfindet, war ich richtig traurig. Mittlerweile schaffe ich es selbst gar nicht mehr häufiger dazu, einen Beitrag zu schreiben, es hat sich also irgendwie alles gefügt, könnte man sagen. 

Aber, weil ich nur noch so selten zum Bloggen komme, soll es sich ja auch lohnen, und deshalb habe ich heute ein ganzes Me-Made-Outfit für euch. Also, zwei neue Sachen, mittlerweile bin ich ja fast täglich komplett selbstgemacht eingekleidet (immer noch ein verrücktes Gefühl, wenn ich so darüber nachdenke).

Und zwar habe ich mir endlich mal wieder ein Latzkleid genäht! Noch vor einem Jahr habe ich vier Stück besessen, die sind aber mittlerweile alle aussortiert. Zwei davon waren vom Schnitt her einfach nicht meins, zwei weitere saßen einfach zu eng, das waren eher Bleistiftrock-Latzkleider. Dagegen sitzt das neueste aus blauem Feincord einfach so gut, dass ich schon wusste, dass da noch ein zweites hermuss. Und dann lief mir im Stoffgeschäft ein Reststück von diesem traumhaft schönen, rostfarbenen Feincord über den Weg und innerhalb von Sekunden war in meinem Kopf das Latzkleid fertig.

Vielleicht war diese detaillierte Vorstellung und das wissen, dass es funktionieren würde der Grund dafür, dass es letztlich so lang gedauert hat? Zugeschnitten habe ich nämlich schon im Mai, genäht aber erst vor ein paar Tagen. Es kam aber auch immer was dazwischen: Erst der Sommer, sodass meine Prioritäten sich auf luftigere Kleidung verschoben, dann diverse Aufträge, ein Probenähen ... und schon ist Oktober, und das Wetter wieder perfekt passend für ein Latzkleid. Also habe ich mich flott drangesetzt und es an zwei Tagen fertig genäht. 

Der Schnitt ist Cleo von Tilly and the Buttons, mein favorisiertes Schnittmuster für ein Latzkleid. Ich habe für mich Größe 5 zugeschnitten, am Po aber ein weeenig weiter ausgestellt, damit sich alles gut bewegen kann im Rock. Auf den Fotos seht ihr es vielleicht schon, auf Höhe der Taille ist das Kleid eigentlich ein wenig zu weit, die Rundungen seitlich stehen doof ab. Ich habe mich vorhin direkt drangesetzt und das Kleid dort etwas schmaler gemacht, so ca. 2cm pro Seite. Jetzt sitzt es auf jeden Fall besser!

Eigentlich wollte ich die Träger auch gerne ein wenig länger machen, wenn ich die aus dem Schnitt nehme, ist es immer ganz schön knapp. Aber bei einem Meter Stoff hatte ich keine Wahl, und so hat es gerade noch gepasst. Glück gehabt!

Das Kleid ist bei mir übrigens komplett gefüttet, anstatt nur mit Belegen versehen, wie es die Anleitung vorschlägt. Schon beim letzten Latzkleid bin ich damit gut gefahren, habe einen flutschigen Stoff genommen und so dafür gesorgt, dass sich nichts hochschiebt. Bei diesem Kleid hier musste ein altes Top meiner Mama dran glauben, das vom Muster einfach zu gut passte, um es nicht zu verwenden. Ob das aber flutschig genug ist, um seinen Zweck zu erfüllen, muss ich noch herausfinden, da hat das kleine Fotoshooting im Wald nicht ausgereicht.

Die schönen Schnallen sind von Stoff&Stil - hier vor Ort gab es nur silber gefärbte, für den Stoff wollte ich aber gerne diesen Farbton. Zum Glück war eine Freundin gerade dabei Stoff zu bestellen, sodass die Schnallen mit in ihren Warenkorb rutschen konnten.

Ein Latzkleid hat bei mir immer eine Brust- und eine Po-Tasche. Letztere brauche ich, um das Kleid auch zur Arbeit anziehen zu können, da wohnt dann nämlich mein Schlüssel drin. 

Jetzt fehlt mir nur noch ein schlichtes schwarzes Latzkleid, und ich bin glücklich belatzt.

Unter meinem Latz trage ich ein weiteres selbst genähtes Teil: Ein Longsleeve nach dem Schnitt Agnes, ebenfalls von Tilly and the Buttons. Auch hier mein Favorit für eng anliegende Langarmshirts, schon mehrfach erprobt.

Das Shirt ist allerdings schon ein paar Tage älter, im Mai 2019 habe ich es genäht und seitdem gar nicht mal so oft angehabt. Ich und Langarmshirts, das ist ja so eine Sache. Sie sind für mich unverzichtbar, aber nur zu einer ganz bestimmten Jahreszeit, nämlich im Übergang. Im Sommer sind sie zu warm, im Winter zu kalt, mit Wollpullover drüber aber dann meistens wieder zu warm. Ein Longsleeve hat bei mir also eine ziemlich lange Lebensdauer, wird vielleicht zwei Mal im Jahr getragen und gewaschen. Aber gerade in Kombination mit einem Latzkleid zum Beispiel mag ich es sehr!

Den Stoff für das Shirt habe ich damals bei 1000Stoff gekauft, da muss man aber vermutlich nicht mehr nach suchen, nach so langer Zeit. Er fühlt sich ganz weich und glatt an, was ich sehr mag. Leider ist der Stoff nicht sehr dehnbar, und gerade an den Armen und im Schulterbereich ist das Shirt ziemlich eng. Aber ich mag es einfach nicht aussortieren; ich meine, es passt doch einfach perfekt zum Latzkleid, oder?


In diesem Outfit fühle ich mich jedenfalles pudelwohl und freue mich über diese tolle Ergänzung in meinem Schrank. Das Kleid wird defintiv häufig getragen werden, da bin ich mir sicher. 

Ich werde es vermutlich erst am Wochenende zu all den schönen Beiträgen bei der Linkparty schaffen, aber freue mich schon jetzt sehr darauf. 


Happy sewing, 

Julia


2. September 2020

Vom Crop Top und guten Einflüssen

 Hallo ihr Lieben, 

schön, dass ihr am heutigen Me Made Mittwoch bei mir vorbei schaut. Diese Linkparty ist einfach das Highlight, so viele schöne Beiträge abseits von Werbung und Co. Auch der Austausch ist an diesem Tag immer ein ganz besonderer, da freue ich mich sehr drauf!

Ich erzählte auf dem Blog glaube ich schon mal von einem neuen Hobby, das sich im letzten Jahr entwickelt hat? Gemeinsam mit zwei Freundinnen besuchen wir sogenannte Lost Places; Orte, die verlassen wurden. Das können Fabriken sein oder Wohnhäuser, Geschäfte und große Hallen. In jedem Fall ist es sehr spannend und interessant. Von besagten Freundinnen wurde ich darauf hingewiesen, dass diese Locations sich sehr gut eignen um Bilder für den Blog zu machen und ab und zu schaffe ich es, dies zu bedenken und mir etwas anzuziehen, was ich noch zeigen möchte. So wie heute! Dickes Dankeschön also an die beiden, die dann auch noch die Fotos machen.

Ab und zu ist so ein kleiner Tritt in den Allerwertesten ja recht hilfreich und öffnet einem die Augen für neues. So ist es auch mit dem Bouldern geschehen: Hätte mir jemand vor anderthalb Jahren gesagt, dass ich freiwillig und gerne nach dem Spätdienst noch bis spät in die Nacht Sport mache, ich hätte schallend gelacht. Und heute? Macht mir das Bouldern mit den beiden so viel Spaß, dass ich gar nicht mehr darüber nachdenke und es völlig selbstverständlich ist, nach der Arbeit dort noch hinzudüsen.

Und nun schlagen wir endlich den Bogen zum heutigen Kleidungsstück. Im Gegensatz zu mir sind die beiden Freundinnen, von denen ich die ganze Zeit erzähle, deutlich kleiner und graziler. Und tragen seit einer Weile ganz gerne mal Oberteile, die kürzer sind als gewohnt, so genannte Crop Tops. Den Trend hatte ich für mich sofort abgehakt, wusste, dass ich mich nicht wohl fühlen würde. Aber bekanntlich geht pobieren über studieren, und dann war es einfach irgendwann so weit. Ein kleines Stück Jersey war noch übrig, den Stoff fand ich toll und bei der Überlegung, was ich da noch rausquetschen könnte, kam mir immer wieder ein Crop Top in den Sinn. Und dann beschloss ich, es einfach auszuprobieren.

Aber natürlich in einer für mich tragbaren Variante: So lang, dass zu hohen Hosen und Röcken alles bedeckt ist. Kastig geschnitten, damit locker. Kurze Ärmel, Rundhalsausschnitt. Ich habe ein wenig in meinen Schnittmustern gestöbert, denn extra dafür ein neues kaufen widerspricht all meinen Prinzipien. Ich bin dann auf das Mandy Boat Tee gestoßen, den Schnitt habe ich für mich bereits in einer langärmligen Version genäht und trage ihn sehr gerne. Der sollte es sein.

Genau wie bei der langen Version habe ich die Größe 2 zugeschnitten, zumindest in der Breite. Die Länge gab der Stoff vor, es war die "shorten"-Linie, die im Schnittmuster angegeben ist. Den Halsausschnitt habe ich im Vorderteil etwa 1,5cm nach unten verlegt, weil er mir im Original zu halsnah ist. Die Ärmel sind klitzeklein, weil die Schultern überschnitten sind, aber vorhanden.

Genäht war es dann natürlich total flott. Schulter- und Seitennähte schließen, der Halsausschnitt wird bei diesem Schnittmuster einfach nur nach innen geklappt nachdem er versäubert wurde. Ebenso habe ich die anderen Säume verarbeitet und alles mit der Zwillingsnadel abgesteppt. Fertig! Die erste Anprobe war dann doch mit viel Unsicherheit verbunden, schließlich habe ich so ein Shirt noch nie getragen. Nach den ersten Kombinationsversuchen schlich sich dann aber langsam Freude ein. Zusammen mit einem langen Rock zum Beispiel habe ich mich sehr wohl gefühlt, oder mit der Hose vom Springinsfeld. Zuletzt dann mit dieser Jeans, die ich auch selbst genäht habe.

Auch die Socken, die hervorblitzen, sind selbstgestrickt. Nur als kleiner Hinweis am Rande. 

Was mich jedenfalls am meisten gefreut hat: Mit dem Top kommt ein ganz anderes Körpergefühl, Selbstbewusstsein gemischt mit Stolz. Und dafür bin ich sehr dankbar, mir selbst, aber auch den beiden. Dankbar für den positiven Einfluss, den sie auf mich haben, dankbar für mein Ausprobieren von ungewohntem.

Ich schätze, dass dies nicht das letzte Crop Top war, was ich mir nähen werde. Allerdings würde ich beim nächsten Mal doch einen anderen Schnitt ausprobieren, die Ärmel sind beim Mandy Boat Tee sehr eng, was mir persönlich für so einen Schnitt nicht ganz so gut gefällt. 

Übrigens: Den Stoff habe ich bei ebayKleinanzeigen gekauft, er war als Bio-Stoff bezeichnet. Die Qualität ist leider nicht so gut, nach ein paar Mal waschen kommt dieser leichte, weiße Flaum; ihr wisst bestimmt, was ich meine? Es macht mich traurig, aber dadurch wird das Shirt wohl nicht ewig bei mir bleiben. Schade!


So, und nun bin ich mal gespannt, wer heute noch so aus seiner Komfortzone getreten ist. 


Happy sewing, 

Julia



5. August 2020

Hochzeitsgastkleid ohne Hochzeit {Hinterland Dress}

Hallo ihr Lieben, 

die heutige Geschichte beginnt schon vor längerer Zeit, ich vermute, sogar im letzten Jahr. Da gab es eine Einladung zur Hochzeit einer Kollegin und Freundin. Das war natürlich erstmal ein Grund zur Freude, bei diesem schönen Anlass. Gleich danach kam die Vorfreude auf ein rauschendes Fest mit den lieben Kollegen, wir sind nämlich eine ziemlich tolle Truppe und verstehen uns sehr gut. 



Und natürlich wollte ich auch zu diesem Anlass nähen. Das Kleid vom letzten Jahr kam leider nicht in Frage, da auch dies eine Hochzeit unter Kollegen war. Wäre es etwas unauffälliger, hätte ich es nochmal angezogen, aber so war mir eher nach was neuem. So oft habe ich auch gar nicht die Gelegenheit für etwas Schickeres, also kam mir diese "Ausrede wie gerufen. 


Zum ersten Mal war ich aber mit meinen Plänen nicht alleine. Mittlerweile haben einige meiner Kolleginnen auch das Nähen für sich entdeckt, die eine über ihren kleinen Neffen, die andere hat die schon erlernte Fähigkeit wieder aufgefrischt. Eine weitere hat das Nähen ebenfalls neu angefangen und zu viert haben wir begonnen, unsere Hochzeitsgastkleider zu planen. Das war ein Spaß, eine eigene Gruppe gab es dafür, ich habe mein Wissen beigesteuert und nach einiger Zeit stand für alle ein Schnitt fest. Gemeinsam sind wir dann zu Stoff&Stil gefahren und haben eingekauft. Herrlich, da ich sonst dieses Hobby eher für mich auslebe, mal mit anderen darüber zu quatschen und sowas wie Stoff zu besorgen. 


Wir haben es dann sogar geschafft, zu dritt an unseren Projekten zu nähen. Eine Kollegin war leider terminlich nicht verfügbar. Zu dem Zeitpunkt war schon klar, dass die Hochzeit nicht wie geplant stattfindet und die große Feier auf das nächste Jahr verschoben wird. Wir hatten beschlossen, unsere Kleider trotzdem zu nähen und sie am Standesamt zu tragen. Zum Glück war dies kurz vorher wieder erlaubt worden! Also, nicht die Kleider, sondern am Standesamt zu gratulieren. Auch hier konnte eine Kollegin leider nicht dabei sein, irgendwer muss ja schließlich arbeiten. In Gedanken war sie aber bei uns. Wir haben anschließend die Gelegenheit genutzt und ein paar Bilder gemacht. Dafür, dass die anderen beiden erst seit kurzem Kleidung nähen, haben sie echt mega schöne Ergebnisse erzielt. Da bin ich ja schon ein bisschen stolz. 


So, nun aber wieder zu mir, die anderen sollen sich mal schön selbst ihren Blog aufmachen.
Ich wusste, dass ich wieder etwas langes für die Hochzeit wollte, das trage ich einfach so gerne und viele andere Gelegenheiten dafür gibt es leider nicht. Den passenden Stoff hatte ich schon zuhause: 1,5m Viskose von Stoff&Stil, einer der seltenen "keine Ahnung, was daraus wird, aber der muss mit"-Käufe. Den Stoff gibt es nicht mehr, aber einen ähnlichen mit blauen Streifen und großen Blumen. Beim Schnitt kam dann relativ schnell die Erleuchtung: Das Hinterland Dress sollte es werden. Mit kurzem Rock und Ärmeln hatte ich es schon mal genäht, jetzt wollte ich eine lange Version, ohne Ärmel. Die Größe ist eine 12 geblieben.


Als ich den Schnitt heraus gekramt habe, ist mir direkt positiv aufgefallen, dass der Schnitt für beide Varianten verschiedene Oberteile hat, die Armausschnitte also andere sind, je nachdem ob Ärmel reinkommen oder nicht. Das ist super wichtig für eine schöne Form. Falls ihr einen Schnitt habt, bei dem ihr die Ärmel eliminieren wollt, empfehle ich euch diesen Blogpost von Nina, die hat super beschrieben, worauf zu achten ist. 


So musste ich keine Änderungen vornehmen am Schnitt und nur schauen, wie ich alles aus 1,5 Metern herausbekomme für meine 1,80 Körpergröße. Wie ihr seht, hat es geklappt, dafür gab es aber auch ein paar Einbüßungen. Die Rockteile habe ich etwas verschmälert, da sie gerafft werden, ist das nicht weiter dramatisch und der Rock ist einfach nicht ganz so weit. Das Oberteil ist unabsichtlich auch etwas enger geworden ... denn eigentlich ist das Vorderteil ja mit Knopfleiste vorgesehen, bei dem gemusterten Stoff habe ich diese aber eliminiert und dann einfach stumpf das Schnittteil in den Bruch gelegt. Da fehlt jetzt etwas Weite, da halt eigentlich noch Knopfleisten dazukommen. Aber zum Glück passt es und ist nicht zu eng. 


Die Nahttaschen waren auch nicht drin im Stoff, das hatte ich aber sowieso nicht vor. ich habe einen schlichten weißen Baumwollstoff gewählt, der recht viel Stand hat. Zu Anfang hatte ich Befürchtungen, dass die Taschen sich so abzeichnen oder irgendwie ungünstig verhalten, aber im Gegenteil, ich finde es sogar praktisch, weil ich sie so viel schneller finde und sie eigentlich auch bleiben, wo sie sind anstatt so herumzuschlabbern. 


Hals- und Armausschnitt werden mit einem Streifen versäubert, eigentlich aus dem Originalstoff, aber auch dafür war nichts mehr da. Ich hatte erst mit einem vorhandenen Streifen Schrägband begonnen, aber das warf immer nur Falten. Letztlich durfte ich mich an den Resten von Emilies Kleid bedienen, der Stoff hatte eine ähnliche Qualität und war auch farblich im Bereich rot. So ist es dann ganz gut gelungen. Ich habe mich bemüht, den Außenstoff etwas nach innen einzurollen, damit nichts von der Versäuberung hervorblitzt. 


Für die Bewegungsfreiheit hatte ich von Anfang an Schlitze in den Seitennähten vorgeplant. Dazu habe ich mir die gewünschte Stelle markiert, die Seitennähte versäubert, bis zur Markierung zusammengenäht und die Nahtzugabe auseinandergebügelt. Dann habe ich bis zum Saum die Nahtzugabe auf die Rockteile nach innen gebügelt und einzeln festgesteppt. Bei der ersten Anprobe habe ich dann gefunden, dass die Schlitze noch zu kurz sind und sie etwas erweitert. 


Und dann war es fertig, mein luftig leichtes Sommerkleid! Vor ein paar Tagen bin ich beim Spaziergang mit dem Hund meiner Mama an dieser tollen Location vorbeigekommen. Wer braucht schon Meer, wenn es einen kleinen Strand an der Ems nur ein paar Minuten vom Haus entfernt gibt? Okay, ist kein Vergleich, aber für die Fotos fand ich es trotzdem sehr passend und eine gute Entschädigung. Wenn ich daran denke, wo ich im letzten Jahr die Bilder vom anderen Hinterland Dress gemacht habe ... da wird es mir glatt wehmütig ums Herz.


Im Schnitt enthalten ist übrigens auch ein Bindeband, um etwas Form in das Kleid zu bringen. Da meines etwas schmaler ist, insgesamt, ist das gar nicht unbedingt nötig, aber die Option wollte ich trotzdem haben. Ich habe es aber deutlich schmaler gemacht, als laut Schnitt vorgesehen. 


Es ist schon ein wenig traurig, dass ich das Kleid bisher nur für die Stunde am Standesamt und dann ein paar Mal für Bilder machen getragen habe. Aber mein langer Urlaub kommt jetzt, zusammen mit dem richtig heißen Sommer. Da wird es bestimmt Gelegenheiten für das Kleidchen geben. Ich mag es nämlich sehr!






Ich verlinke mich wie immer am ersten Mittwoch im Monat beim Me Made Mittwoch und bin gespannt, ob dort schon die ersten Herbstteilchen zum Vorschein kommen. 

Happy sewing, 

Julia