2. Dezember 2020

Regenjacke nähen - Dunnerkiel

 Hallo ihr Lieben, 


vier Jahre ist es her, dass ich meine erste Regenjacke nähte (und verkündete, dies nicht wieder zu tun ... so irrt man sich, vergangenes Selbst!). Sie hat mir gute Dienste geleistet, entsprach jetzt aber schon eine ganze Weile so gar nicht mehr meinem Geschmack. Das Gelb zu grell, die Jacke zu eng, einige kleine Schwachpunkte, die halt auftreten, wenn man ein Kleidungsstück zum ersten Mal näht. Und eine Regenjacke nur widerwillig anzuziehen ist sehr unpraktisch. Wie oft ich gehofft habe, dass es trocken bleibt und eine andere Jacke anzog, nur um wenig später zu merken, wie es langsam auf den Schultern durchsoppt ... nicht gut. Da musste eine neue her, die Freude macht und gerne getragen wird!

Schon im Frühjahr habe ich mich also ein wenig umgeschaut, zusammen mit einer Freundin, die ebenfalls eine Regenjacke nähen wollte. Da kam als erstes die Schnittfrage auf. Den Wind und Wetter Parka hatte ich mit fünf Malen endgültig genug genäht und wollte mal etwas anderes ausprobieren. Trotzdem sollte es Parka-Länge behalten, damit beim Radfahren auch der Hintern trocken bleibt, sollte die Regenhose mal nicht dabei sein. Relativ zügig landeten wir beim Dunnerkiel von Rabaukowitsch. Die Optik hat uns beiden zugesagt und der Schnitt war beiderseits schnell gekauft. Besagte Freundin hatte sich schon bei einem vorherigen Besuch bei Stoff und Stil in das rauchblau eines Regenjackenstoffs verliebt, und als sie das nächste Mal da war, bekam ich dann einen Anruf, ob ich nicht auch Stoff mitgebracht haben möchte. Ich habe mich nach einem kurzen Blick auf die Website für das Rot entschieden, ganz so schlicht muss es ja doch nicht sein, und zu meinem Fahrrad passt das Rot perfekt. Dachte ich. Als der Stoff dann hier war, kam erstmal Ernüchterung auf: Eher knallrot als so satt dunkelrot wie online dargestellt. Ich weiß ja, dass rote Töne schwierig einzufangen sind (das habe ich bei den Bildern für diesen Beitrag mal wieder gemerkt), aber so extrem abweichend? Nunja, gekauft ist gekauft, ich legte ihn erstmal zur Seite, weil andere Dingen anstanden. 


Und dann kam der Sommer, mit gewohnt wenig Regen, und wenn doch, war es definitiv zu warm für eine Regenjacke. Das Projekt rutschte also auf der Bedarfs-Liste recht weit nach unten. Erst die ersten Herbstschauer riefen die Erinnerung an das komplett vorhandene Material wach. Anfang November habe ich dann endlich die Zähne zusammengebissen und losgelegt. Ich habe oft Probleme, wenn ich so klare Projekte, die eigentlich schon im Kopf fertig sind, aufschiebe. Da fehlt dann die Motivation ... nun ja, ich habe sie mir zurückgekämpft, und das war es wirklich, ein Kampf. So eine Jacke ist nun mal nicht eben kurz genäht.

Angefangen habe ich damit, den Schnitt zu kleben und auszuschneiden, dann ein Probeteil zu nähen (bestehend aus Vorder- und Rückenteil sowie einem Ärmel). Dabei habe ich ganz verwundert festgestellt, zwar wie üblich die Taille um 3cm nach unten verlegen zu müssen, aber die Ärmel, die passen. Wirklich! Ärmel verlängere ich sonst immer um mindestens 5cm, oft auch mal 8cm, das ist also schon eine ganz verrückte Sache gewesen. Ich habe die Ärmel nicht verlängert, schärfe hiermit aber allen, die den Schnitt nähen wollen, ein, die Armlänge zu checken, normal große Frauen müssen hier sicherlich kürzen. Ansonsten haben meine Maße gut in eine 42 gepasst, und die habe ich dann auch zugeschnitten.

Danach dann der Zuschnitt, auch nicht unbedingt einfach, weil zum einen viele Teile, zum anderen musste für das Futter das ursprüngliche Schnittteil in Beleg und Futterteil zerlegt werden. Schade, denn eigentlich schneide ich immer lieber das Futter zuerst zu. Sollte hier etwas schief gehen oder ich etwas nicht bedacht haben, ist das meistens günstiger als der Außenstoff ... nunja. Zum Glück ist alles gut gegangen und ich konnte ein paar Tage später anfangen.

Das Nähen selbst lief entspannt und sortiert statt, das war zwar meine erste Anleitung aus dem Hause Rabaukowitsch, aber nach ein paar Seiten kam ich gut damit zurecht. Jede*r Designer*in hat ja so seine/ihre Eigenarten, die man erstmal kennenlernen muss, finde ich. Begonnen habe ich mit dem Futter, denn auch hier gilt das Prinzip: Versteht man etwas falsch, ist es einfacher, Teile neu zuzuschneiden oder etwas zu korrigieren. Gerade wenn der Außenstoff so beschaffen ist, dass er lieber nicht aufgetrennt werden sollte!

Die Außenjacke lief dann auch wie geschmiert und als alles verbunden war, war ich schonmal sehr zufrieden. Sah alles so aus, wie ich es mir gewünscht hatte, und saß vor allem auch sehr gut! 


Ein paar Dinge, die ich von der letzten Regenjacke gelernt und deshalb hier umgesetzt habe: Armbündchen, zum Beispiel. Brauche ich sonst in Jacken nicht, weil entweder ist es warm, oder bei Kälte trage ich zügig Handschuhe, da mir sonst auf dem Rad die Finger abfallen. Reinziehen tut es also nicht. Aber: Regen auf Regenbekleidungsstoff kommt zwar nicht durch den Stoff, bleibt aber darauf. Gerade beim Radfahren kriecht so die Nässe nach und nach über die nassen Handrücken den Beleg hinauf in die Jacke hinein, und das ist sehr unangenehm. Deshalb gab es Bündchen, die werden zwar auch nass, halten aber alles ein bisschen auf und an Ort und Stelle. Wie die hinzuzufügen sind, ist in der Anleitung erklärt.


Eine Innentasche habe ich der Jacke auch spendiert. Die nutze ich sonst eigentlich nicht, aber bei Regen habe ich mein Handy mit Kopfhörern dann doch ungerne außen an der Jacke, sondern lieber drinnen im trockenen. Also habe ich diese Tasche gebastelt und bin tatsächlich auch ein bisschen stolz, dass es so geklappt hat, wie ich wollte. 

Ich habe außerdem alle Tunnel ins Innere der Jacke verlegt, den an der Kapuze und den an der Taille. Das sorgt für weniger Nähte außen an der Jacke, und Nähte sind immer die Schwachstellen bei Regenjacken, wo das Wasser hineinkommen kann. Für den Tunnel an der Taille muss ich mir noch eine Lösung überlegen, die Öse liegt recht nah am Reißverschluss, sodass das Band ein wenig im Weg ist beim Schließen der Jacke. Für den Kordelzug in der Kapuze habe ich mir bei Melanie von 500daysofsewing die Lösung mit dem Gummi und Kordelstopper abgeschaut, um bei Regen den ganzen Bums enger machen zu können. Das hätte ich mir allerdings auch ein bisschen sparen können, denn ich bin vernünftig geworden und fahre nun mit Helm. Fantastischerweise passt die Kapuze noch über den Helm, sodass ich trotzdem einen trockenen Kopf und Nacken habe, aber enger gemacht werden muss sie dann natürlich nicht. Und sitzt auch stramm genug, um nicht herunterzurutschen.

Auch wenn ich Nähte schöner finde, die von außen abgesteppt sind, habe ich hier darauf verzichtet, wann immer es möglich war. Ihr wisst schon, Wasser und so. Dafür habe ich Nahtabdichtband aufgebracht: An den Schultern, der Naht im Nacken und im oberen Teil der Kapuze. Das hatte ich noch von der letzten Regenjacke hier, also warum nicht, dachte ich mir. Der Reißverschluss der Jacke ist übrigens ein wasserdichter von Snaply, hatte ich bisher auch noch nicht, scheint aber gut zu funktionieren und passt farblich sehr gut zum Futter der Jacke. 

 
Und zum Schluss noch mein kleines Extra, für das ich mir selbst jetzt schon sehr dankbar bin: Ich habe mir die Mühe gemacht und den Untertritt vom Reißverschluss bestickt. "No rain, no flowers" sagt es, ist eigentlich nur für mich da und erfüllt voll seinen Zweck: Dass ich mich nämlich nicht ärgere über den Regen, sondern meinen Weitblick übe. Und eigentlich passt das auch ganz gut zu mir, ich bin gut darin, auch im Schlechten das Gute zu sehen und positiv zu bleiben. Gerade in diesen aktuell sehr turbulenten Zeiten etwas, das hilft und unterstützt werden will. Ich habe den Spruch mit einem Folienstift vorgeschrieben, in der festen Überzeugung, dass ich den mit Nagellackentferner wieder runterbekomme. Nunja, die Schrift hat jetzt halt einen Schatten. Ebenso der kleine Leder-Patch auf dem Arm, der musste dahin weil irgendwie der Stoff dünn war? Das Licht schien so durch .. jedenfalls habe ich hier einen kleinen Regenschirm aufgenäht, und auch hier ist das Vorgezeichnete noch sichtbar. Damit setze ich mich irgendwann noch auseinander, bis dahin freue ich mich über die neue Jacke, mit deren Rot ich mich jetzt auch gut angefreundet habe. 

Ich verlinke meine Jacke zum Me Made Mittwoch, wo sie in guter Gesellschaft sein sollte.

Happy sewing, 

Julia


24 Kommentare:

  1. Tolle Jacke und die Frabe finde ich prima (zumindest so wie sie hier auf meinem Bildschirm erscheint ;-) Danke für die ausführliche Beschreibung - ich trau mich ja noch nicht an Jacken ran. LG, Katja

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    1. Hey Katja - ich habe mich bemüht, die Farbe am so einzufangen, wie sie in echt ist. Aber das variiert ja dann auch immer von Bildschirm zu Bildschirm ... trau dich ruhig, Jacken machen sehr glücklich und ein bisschen süchtig :)

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  2. Ach eine Regenjacke will ich auch schon lange nähen, den rauchblauen Stoff von Stoff und Stil finde ich auch sehr toll, nur habe ich mich immer gefragt, ob das wirklich wasserfest ist, weil der ja ziemlich günstig ist und die ganze Arbeit mit dem Abklebeband, ich denke im nächsten Herbst gehe ich es endlich an, deine jacke ist toll geworden, lg Anja

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    1. Hallo Anja,
      bisher hat der Stoff gehalten, ich hatte die Jacke aber auch erst zwei- oder dreimal an, kann also nicht sagen wie lange das hält. Das Abklebeband ist eigentlich recht fix aufgebracht, wird ja nur links unter die Naht geklebt und auch nicht unbedingt an allen Nähten. Ich wünsche dir viel Erfolg für deine Jacke!

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  3. Super gelungen und ich finde das leuchtende Rot für eine Regenjacke absolut passend. Vor allem jetzt, wenn draußen zum regen auch die Dunkelheit hinzukommt, ist die Farbe doch ein schöner Hingucker.
    LG von Susanne

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    1. Danke Susanne! Sonst bin ich auf Grund der Kombinierbarkeit ja immer eher für schlichte Jacken zu haben, aber eine Regenjacke ziehe ich nicht so extrem häufig an, da ist das in Ordnung für mich :)

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  4. DAs ist ja wirklich eine tolle Farbe, die sorgt sicher auch im tristesten Regenwetter für gute Laune! Ich finde Deine Jacke ganz toll geworden, sehr durchdacht mit den vielen Einzelheiten. Wie sind deine Erfahrungen mit diesem wasserfesten Abklebeband, löst sich das nicht irgendwann? Und wie dicht ist deine Jacke, hast Du sie schon mal länger bei Regen getragen? Ich überlege auch immer wieder, mir eine Regenjacke zu nähen, aber ich habe Bedenken, daß sie nicht so dicht ist und ich dann im Ernstfall doch lieber meine Funktions (Kauf-Goretex)jacke anziehe.
    LG Barbara

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    1. Hallo Barbara, das Abdichtband hatte ich schon bei der andren Regenjacke und das hat bis jetzt einwandfrei gehalten.
      Die ersten Jahre war die Jacke auf jeden Fall dicht, in letzter Zeit hat sie bei richtig starkem Regen dann doch an einigen Stellen nachgegeben, wenn ich da erstmal eine halbe Stunde durchgefahren bin ... aber da solch nasse Fahrten sowieso selten vorkommen, ist das für mich ok.

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  5. Wow die Jacke ist richtig toll geworden. An solche Projekte traue ich mich längst noch nicht ran.
    Begeisterte Inselgrüße
    Kerstin

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    1. Hallo Kerstin; auch für diese Projekte wird die Zeit kommen. Eine Freundin von mir hat gerade als ihr drittes Erwachsenenprojekt eine Softshelljacke genäht - Wahnsinn. Man muss sich nur trauen, auch eine Jacke besteht nur aus Nähten ;) Aber du solltest dich bereit dafür fühlen, sonst wird es nichts. Viel Spaß!

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  6. Ich finde die Jacke ebenfalls den Knaller, das Rot steht dir unglaublich gut. Mal etwas Farbe in deinem Kleiderschrank, oder? LG Ina

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    1. Hallo Ina, ja, da hast du ein wenig Recht. Ist schon eher dunkel in meinem Schrank, aber gerade rot hat immer mal wieder einen Auftritt. Finde es da nur sehr schwierig, eine schöne Schattierung zu bekommen, mag eher wärmere Rot-Töne oder ein Bordeaux, das gibt es irgendwie alles sehr selten.

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  7. Wahnsinn, so viele liebevolle Details!!! Die Jacke ist total schön!!! Das Rot ist im wahrsten Sinne der Knaller! Ich schiebe meinen Fahrradparker auch grade noch vor mir her, obwohl ich alles zusammen habe... Das wird dann der dritte Wind und Wetter parka, wenn ich dann mal wieder einen brauche denke ich an dienen Tip hier heute! ;-) LG Sarah

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    1. Hallo Sarah,
      dankeschön für die lobenden Worte! Ich scheue mich auch immer ein wenig vor so Großprojekten, wenn ich dann aber darin stecke merke ich immer, wie viel Spaß es mir macht ... also ran da! ;)

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  8. Tolles Mantra No rain no flowers. Ich mag Regen und bin immer ganz unruhig wenn es längere trockene Strecken gibt. Dein REgenmantel ist der absolute Hit! Die Farbe ist super und die vielen Details, rundrum großartig. LG Kuestensocke

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    1. Dankeschön! An sich habe ich auch nichts gegen Regen, nur, wenn ich auf dem Rad sitze ;)

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  9. Wow, die ist ja super geworden! Die Farbe ist pefekt für olles Regenwetter und der Spruch für Optimisten ist wunderbar :) Mein Regenjackenprojekt hab ich zu lange vor mir hergeschoben. Die zugeschnittenen Teile warten jetzt auf das Frühjahr, denn die Jacke wäre nicht wintertauglich. Und ich kann mich nicht motivieren, etwas zu nähen, was ich erst Monate später tragen kann...

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    1. Dein Zaudern verstehe ich sehr gut, das Problem habe ich auch oft. Ich bin immer wieder überrascht, wie warm doch der dünne Regenjackenstoff ist, weil er eben keinen Wind durchlässt. Allerdings bin ich auch immer in Bewegung, wenn ich diese Jacke trage ... Aber wenn die Teile schon zugeschnitten sind, kann es im Frühjahr ja direkt losgehen, das ist auch sehr praktisch.
      Liebe Grüße!

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  10. Klasse genäht,Kompliment!
    Grüßle
    Heide

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  11. Oh nein, ist mein Kommentar verloren gegangen? Ich hatte es die Tage über's Handy versucht und bin mir nicht sicher, ob er verschütt gegangen ist oder wirklich abgesendet wurde. Ich find deine Jacke jedenfalls ziemlich toll, die Stoffe sind toll kombiniert und es klingt richtig gut durchdacht. Davon wirst du sicher noch lange was haben und die Farbe hellt doch jeden Regentag auf :)
    Ganz liebe Grüße
    Jenny

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    1. Dankeschön Jenny! Mir ist jedenfalls kein weiterer Kommentar aufgefallen - ist aber nicht weiter schlimm.

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  12. Der Regenparka ist großes Kino- mega gelungenes Nähprojekt!! Tolle Details.

    LG
    Sandra

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